Oliver Junk
Oberbürgermeister #Goslar
Herzenssache Goslar/ Unsere Bäume
„Und täglich grü.t das Murmeltier“ – kaum ist es Herbst, häufen sich die
Bürgerbeschwerden zum Thema Laub. „Man“ beschwert sich über das Laub
auf Wegen und Straßen oder im heimischen (Vor-)Garten. Beschwerden
über das Laub vom Nachbarn, Beschwerden über das Laub von städtischen
Bäumen – Laub, Laub, Laub.
Na, und!? Möchte man sagen oder fragen. Warum freuen wir uns nicht viel
mehr über unsere grüne Stadt, über die vielen Bäume, die wir tatsächlich in
unserer Stadt haben?
Meine heutige „#Herzenssachegoslar“ soll daran erinnern!
Ein herzliches Dankeschön sage ich an Michael Lumme, der mir die
fantastischen Fotos für meine „Herzenssache“ zur Verfügung gestellt hat.
Haben wir nicht unsere Bäume gerade im vergangenen Rekordsommer so
geliebt. Sogar Bürgerinitiativen haben sich gegründet, um nur keinen Baum
vertrocknen zu lassen. Gießkannen wurden kostenfrei verteilt, z. B. von
Ratskollegin Rieckhoff……..
Und warum waren wir so dankbar für die Bäume? Dankbar sind wir auf
unseren Wegen durch die Stadt unter die Straßenbäume geschlüpft, waren
froh über kühlere Wohnräume. Unsere Bäume spenden Schatten und
erzeugen Verdunstungskälte, was verhindert, dass die Stadt im Sommer
vollkommen überhitzt. Aber unsere Bäume spenden nicht nur Schatten, sie
haben viele weitere positive Eigenschaften: Bäume binden
Kohlenstoffdioxid. Oder besser: Sie ziehen es aus der Luft und
verstoffwechseln es. Damit tragen sie wesentlich zur Stabilisierung des
Klimas bei.
Ich habe vor Kurzem gelesen, dass in einer ausgewachsenen Rotbuche rund
600 Kilogramm Trockenmasse gespeichert sind. Darin ist wiederum eine
Tonne CO2 gebunden. Ob das stimmt, weiß ich nicht; aber offensichtlich ist,
dass die Bäume unserem Klima helfen.
Bäume sind ferner Lebensraum für die verschiedensten Tiere, sie halten
den Boden zusammen und schützen vor Bodenerosion durch Wind, wie wir
alle früher in der Schule gelernt haben.
Bäume sind aber ganz gewiss auch ein Erholungsfaktor und sie lockern das
Stadtbild auf. Wie sähen unsere Straßen wohl aus, wenn überall nur Mauern,
Steine, Beton und Asphalt zu sehen wären? Ziemlich trist, meine ich – so wie
im übrigen mancher Vorgarten in Neubaugebieten aussieht. Die
städtebauliche Bedeutung von Bäumen haben wir heutzutage zum Glück
erkannt – Verwaltung, Politik und Bürgerschaft.
Werfen Sie mal einen Blick auf unsere Bebauungspläne: ohne grüne Punkte,
also eingeplante Bäume, gibt es keinen Plan.
Und einen echten Plan zum Thema Bäume haben wir auch in der
Stadtverwaltung. Zuständig ist der Fachbereich 3 mit der Chefin Marion
Siegmeier und dort speziell der Fachdienst Tiefbau, der von Matthias Brand
geleitet wird. Aber weder Frau Siegmeier noch Herr Brand (und schon gar
nicht der Oberbürgermeister) haben soviel Ahnung, soviel Wissen, soviel
Kompetenz wie Frau Anke Dittrich.
Frau Dittrich ist DIE Baum-Expertin der Stadtverwaltung. Sie macht sich
Gedanken über die Sorten, die gepflanzt werden sollen, die Anzahl,
Ersatzmaßnahmen und Kosten für Pflanzung und Pflege. Und im „alten“
Goslarer Stadtgebiet haben wir rund 14.000 derzeit erfasste lebende
Einzelbäume. Etwa 1.000 kommen noch hinzu; in Vienenburg sind wir noch
nicht ganz durch mit der Erfassung. Diese über 15.000 erfassten
Einzelbäume kennt Anke Dittrich sozusagen alle persönlich mit Namen.
Zu diesen 15.000 Einzelbäumen kommen noch einmal 90
Baumbestandsflächen hinzu wie z. B. Köppelsbleek oder Grauhöfer
Landwehr. Auf diesen Flächen stehen nochmals ca. 10.000 bis 15.000
Bäume. Rechnen wir etwas vereinfacht. 25.000 Bäume im Stadtgebiet bei
gut 50.000 Einwohnern! Nicht mit einbezogen ist unsere Stadtforst!
Ich darf also sagen: Wir leben im Grünen. Und Frau Dittrich habe ich
natürlich die Frage gestellt, welche Baumsorten wir pflanzen und pflegen:
Dazu folgende Antwort: Gut ein Viertel der Bäume im gesamten Stadtgebiet
sind Ahorn-Bäume, ein Fünftel Linden. Diese heimischen Arten wurden in
den 70er und 80er Jahren hauptsächlich gepflanzt. Dann haben wir noch
Kastanien, Eichen, Eschen, Buchen, Birken, Kirschen, Platanen, Apfelbäume,
Ulmen, Haseln, Robinien, Fichten und viele mehr. Das Alter ist bei 40
Prozent unserer Bäume leider nicht erfasst. 30 % sind 15 bis 40 Jahre alt,
24 % älter und knapp 6 % jünger als 15 Jahre. 59 % sind gesund, bei 22 %
haben wir geringe Mängel entdeckt, 14 % gelten als geschädigt, knapp 3 %
sind stark geschädigt und 0,4 % sind als „absterbend bis tot“ vermerkt. Beim
restlichen Bruchteil ist die Vitalität nicht erfasst.
Überrascht über soviel Zahlenmaterial? Ich war es jedenfalls, ich wusste bis
vor wenigen Tagen nicht, dass Frau Dittrich so exakte Verzeichnisse pflegt.
Aber, klar, wer 15.000 Bäume beim Namen kennt…
Natürlich haben Bäume auch negative Aspekte (jetzt bin ich aber bitte nicht
bei dem Laub-Thema) wie z. B. kaputte Straßen und Gehwege, beschädigte
Mauern, zu starke Verschattung.
Deshalb setzen wir von Seiten der Stadtverwaltung inzwischen lieber auf
Qualität als auf Quantität. „Teilweise haben wir in der Stadt auch gar nicht
den Platz!“ erläutert Anke Dittrich und ergänzt: „Viele vergessen: Bäume
sind Lebewesen. Man muss es ganz konkret vom Standort abhängig machen,
welche Baumart man pflanzt. Da kommt es sogar auf den Boden an!“
Frau Dittrich nennt z. B. die Kastanie an der Ampel an der
Odermarkkreuzung. „Das arme Wesen vegetiert dort seit über 30 Jahren
rum. Ja, sie wächst, aber an einem anderen Standort wäre sie viel größer. An
der Kreuzung ist einfach ein schlechter Standort.“ sagt unsere
Verwaltungsexpertin.
Aber wir müssen zunehmend auch Gefahren durch eingeschleppte
Schädlinge und Erreger beachten. Die Eichenprozessspinnerraupe ist laut
Frau Dittrich bisher bei unseren 800 Eichen kein Problem. „Aber in sechs
bis sieben Jahren wird sie auch bei uns angelangt sein!“ prognostiziert Frau
Dittrich. „Jede Baumart hat mittlerweile ihren Haken“, weiß die Expertin.
Im vergangenen Jahr habe ich vom „Geheimen Leben der Bäume“ gelesen:
https://www.zeit.de/kultur/literatur/2016-01/wohlleben-das-geheime-lebender-
baeume
Auch Frau Dittrich erzählte mir, dass die Bäume untereinander
kommunizieren und verweist darauf, dass sie zum Beispiel Duftstoffe
aussenden, wenn sie von Parasiten oder Krankheiten befallen sind. Die
Nachbarbäume können sich so darauf vorbereiten. Total spannend, aber
zurück zum Thema.
Bäume kosten auch Geld; und das – leider – nicht zu knapp. „Mit mehr
Geld würden wir auch mehr Leistungen erreichen“, sagt Dittrich. Bessere
Jungbaumpflege, Mistelentfernung, Düngen – das wäre die Kür. Aber allein
die Baumkontrolle kostet 58.000 Euro pro Jahr. Die Revierleiter sind
fachlich geschult, bekommen entsprechende Fortbildungen. Die meisten
Aufträge betreffen Totholzentnahme, also das Entfernen von abgestorbenen
Ästen zum Beispiel. Im vergangenen Jahr wurden Baumpflanzungen in
Höhe von ca. 80.000 Euro beauftragt. Sind die Bäume gepflanzt, müssen sie
gehegt und gepflegt werden. Gerade in der Anwachsphase brauchen sie
intensive Pflege. Anschließend gilt: Je älter ein Baum, desto mehr Kosten
entstehen. Frau Dittrich hat ungefähr einen Etat für den Unterhaltsbereich
in Altstadt, Steinberg und Hahnenklee von 100.000 Euro pro Jahr. Der
Betriebshof übernimmt die Pflege in allen anderen Bereichen der Stadt.
Betriebsleiter Gerolf Briegel hat auf Grundlage der betrieblichen Daten die
Kostenaufwände für Baumpflege und Baumfällungen aufgelistet. 2017 hat
ihn die Baumpflege 236.780 Euro gekostet, wobei dieser Wert aufgrund der
Wetterkapriolen deutlich höher war als in den Vorjahren. Für
Baumfällungen liegen die Kosten bei 96.440 Euro. Wir haben also in 2017
für unsere Bäume mehr als eine halbe Million Euro bezahlt. Achtung!
Stadtforst wieder ausgenommen.
Andererseits sind unsere Bäume sehr, sehr viel mehr Wert als das – rein
monetär gesehen. Wenn die Verwaltung eine Schadensberechnung macht,
zum Beispiel bei Unfällen, ermitteln die Kolleginnen und Kollegen den Wert
des Baumes für das jeweilige Grundstück. Die Berechnung erfolgt nach der
Methode Koch, erklärt Frau Dittrich. Da kommen wir bei normalen
Einzelbäumen im Schnitt auf einen Wert von 2.500 bis 3.000 Euro. „Wenn
man diesen Wert mal auf die Anzahl unserer Einzelbäume (15.000!)
hochrechnet, sind die Goslarer Bürger reich.“
Da kann ich nur zustimmen. Nicht über Laub nörgeln, den Wert unserer
Bäume wertschätzen. #Herzenssache #Goslar: Unsere Bäume!
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