Harzklub-Veranstaltung auf dem Brocken zum Tag der Deutschen Einheit

40 Jahre trennte eine unüberwindbare Grenze die Menschen in Ost und West. Seit 1990 treffen sich die Mitglieder der Harzklubs am 03.10. auf dem Brocken, nicht nur um an die Deutsche Teilung zu erinnern.

Bildquellen: Matthias Bein

Hier Auszüge aus meiner Rede am Wolkenhäuschen am 03.10.2022:

Liebe Freunde des Harzklubs, traditionell trifft sich der Harzklub am 3. Oktober zum Tag der Deutschen Einheit auf dem Brocken, um auf das aufmerksam zu machen, was für viele Menschen zu selbstverständlich geworden ist. Freiheit und Frieden!

Wer erinnert sich noch an den Herbst 1989? Was war das Gefühl! Ein grandioses Aufatmen! Wer hatte noch an die Deutsche Einheit geglaubt? Gegen den heftigen Widerstand der westdeutschen Friedensbewegung war zu Beginn der 1980er Jahre mit dem sog. Nato-Doppelbeschluss die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen beschlossen worden, um der aggressiv auftretenden Sowjetunion Paroli bieten zu können. Das Gleichgewicht des Schreckens bestimmte Leben und Politik. Im Harz: Grenztürme, Mauern, Mienen, Stacheldraht, Sperrzonen.

Und dann nahmen die Menschen im Osten ihre Zukunft in die eigenen Hände. Die Mauer in Berlin, die Brockenmauer, der Eiserne Vorhang fielen. Überall herrschte Freude und Zuversicht. Alles schien möglich. Viele Harzklub-Mitglieder engagierten sich, um die Wanderwege im Grenzbereich schnell wieder zu verbinden. Ohne Waffengewalt und unblutig konnte sich Deutschland wiedervereinigen, die Ostblockländer erklärten sich für unabhängig. Ende 1991 sprachen sich in der Ukraine in einem Volksreferendum 93 Prozent für die Unabhängigkeit aus. Ende Dezember 1991 wurde das Ende der Sowjetunion besiegelt.

Der vor wenigen Tagen verstorbene Reformer Michail Gorbatschow propagierte das gemeinsame europäische Haus, in dem auch das von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten des Sozialismus getroffene Russland seinen Platz finden sollte.

 30 Jahre später führt Russland mitten in Europa wieder Krieg. Ein gegen freiheitlich-westliches Denken gerichteter slawischer Nationalpatriotismus und eine herbeigeredete Bedrohungslage durch die USA und die NATO sollen die Forderungen nach bedingungsloser Folgschaft legitimieren. Die Bevölkerung wird mit Propaganda zugedeckt, das Wort Krieg darf durch Staatsmedien nicht gebraucht werden, digitale Informationsquellen und die Sozialen Medien werden gestört.

Inzwischen ist es uns allen klar: Wir müssen für den Erhalt von Frieden und Freiheit wieder kämpfen. Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit, sondern setzt tatsächlich große Anstrengungen voraus.

Wie war das eigentlich mit unseren Selbstverständlichkeiten?

 Frieden in Europa als Selbstverständlichkeit. Jahr für Jahr steigender Wohlstand in Deutschland als Selbstverständlichkeit. Unproblematische Energieversorgung als Selbstverständlichkeit. Uneingeschränkter Zugang zu Krankenhäusern und ärztlicher Versorgung als Selbstverständlichkeit.

Und heute?  Die Welt ist in Unwucht geraten und das was eben noch ganz selbstverständlich war, ist plötzlich in Frage gestellt!

Bereits die sog. Flüchtlingskrise 2015/2016 hat bewiesen, dass es keine Grenzen gibt, wenn sich Menschen in Bewegung setzen – aus welchen Gründen auch immer: Verfolgung, Klima, Krieg…..

Die COVID-19 Pandemie hat bewiesen, dass sogar das Deutsche Gesundheitssystem verwundbar und ärztliche Versorgung nicht selbstverständlich ist. Der Krieg in der Ukraine beweist, dass Frieden nicht selbstverständlich ist. Und wenn selbst bei den Grünen über die Rückgängigmachung des Ausstiegs aus der Kernenergie debattiert wird, beweist das, dass auch Energieversorgung nicht selbstverständlich ist. Die Inflation von aktuell über 10 Prozent beweist, dass unser Wohlstand nicht selbstverständlich ist.

 

Dinge, die wir als natürlich gottgegeben, als ganz selbstverständlich angesehen haben, sind plötzlich anders. Und deshalb ist es so wichtig, sich immer wieder klarzumachen, dass diese Deutsche Wiedervereinigung nicht selbstverständlich war. Und es nicht selbstverständlich ist, dass wir heute hier gemeinsam auf dem Brocken stehen. Diese traditionelle Feierstunde des Harzklubs soll uns Jahr für Jahr mahnen und erinnern.

Wir wollen, dass das so selbstverständlich gewordene, nämlich die mit der Deutschen Einheit verbundene Freiheit, als unselbstverständlich in das Bewusstsein rücken,

verbunden mit der dringlichen Mahnung an uns alle:

Freiheit ist nicht selbstverständlich!

Demokratie ist nicht selbstverständlich

Frieden ist nicht selbstverständlich!

 Nehmen Sie – nehmen wir – unsere Verantwortung wahr. Die über 12.000 Mitglieder des Harzklubs jedenfalls tun dies, auch durch die Durchführung dieser Veranstaltung. Glück auf!











Oliver Junk