"Zwischenruf" zum Vorstoß der Ampel-Koalition zur Absenkung des Wahlalters
Die politische Weihnachtspause wurde durch die Ampel-Koalition genutzt, um einen neuen Anstoß für die Absenkung des Mindestalters für die Teilnahme an Bundestagswahlen zu geben.
„Ich persönlich bin dafür, das Wahlalter von 16 Jahren auch auf Bundesebene einzuführen. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand später zur Wahl gehe, wachse, wenn er bereits im jüngeren Alter während der Schulzeit wählen durfte. Das zeigten Studien.“ argumentierte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.
„Mit einer Absenkung des Wahlalters werden Belange und Bedürfnisse der jungen Generation grundsätzlich beachtet und bei politischen Entscheidungen von Anfang an mitgedacht“ ergänzte Bundesfamilienministerin Lisa Paus und verwies dabei auch auf die im November beschlossene Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für die Europawahl.
Zum Diskurs ein „Zwischenruf“:
Welche Ziele sollen durch die Absenkung des Wahlalters erreicht werden. Und welche politischen Ziele werden möglicherweise bereits mit der Forderung und dem politischen Vorstoß erfüllt?
Ist es parteipolitische Taktik oder echtes Interesse an Partizipation von jungen Menschen?
Festzuhalten ist zunächst, dass es 2/3 der Jugendlichen und 50% der Erwachsenen für sinnvoll halten, das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre zu senken. Und zwar deshalb, weil die Interessen von jungen Menschen nicht hinreichend stark bei politischen Entscheidungen Berücksichtigung finden, junge Menschen mehr Gehör für ihre Anliegen brauchen.
Fakt ist auch. Es gibt kein Höchstwahlalter, obwohl die kognitiven Fähigkeiten im Höchstalter eher solchen von Kleinkindern ähneln. Wahlrecht ist an ein Mindestalter gekoppelt, nicht an persönliche Reife, Charakter, (politischen) Bildungsstand.
Im Kern geht es immer wieder um die Frage, ob die 14jährigen oder 16jährigen die geistige Reife aufweisen, durch das aktive Wahlrecht am politischen Geschehen mitzuwirken.
Stimmt es, dass biologische Reife, Informiertheit, Einsichts- und Unterscheidungsfähigkeit heute früher einsetzen als noch vor Generationen? Das wäre dann wohl tatsächlich ein schlüssiges Argument. Die Geschichte beweist jedenfalls, dass es durchaus auch Änderungen beim Mindestalter geben darf und auch gegeben hat.
Wie sieht die Wahlbeteiligung von Jugendlichen in den Ländern und den Kommunen aus, die ein aktives Wahlrecht schon mit 16 Jahren ermöglichen?
Fördert ein niedrigeres Wahlalter das Vertrauen in Politikerinnen und Politiker und wirkt einem verbreiteten politischen Desinteresse entgegen?
Stimmt es, dass dauerhaftes politisches Interesse und die stetige Teilnahme an Wahlen gefördert werden, sollte das Mindestalter abgesenkt werden?
Auf welcher Rechtsgrundlage und mit welchen Argumenten gibt es differenzierte Regelungen in den Ländern bei Landtags- und Kommunalwahlen? Welche Auswirkungen hat dieser föderale Flickenteppich?
Welcher Zusammenhang besteht zur Bereitschaft, sich durch eine Absenkung des Wahlalters auch für die Übernahme eines (kommunalen) Mandates stärker bereit zu erklären – völlig unabhängig vom Alter?
Warum eigentlich kein aktives Wahlrecht mit 14 Jahren? Welche Grenzen haben politische Forderungen nach weitergehenden Absenkungen des Mindestalters, etwa bei Kommunalwahlen?
Ist die Absenkung des Wahlalters tatsächlich (notwendiges) Mittel, um Gerechtigkeit im Verhältnis von Jung und Alt hervorzurufen?
Welche Auswirkungen hat die Absenkung des Mindestalters auf politische Bildung/Lehrpläne in den Schulen?
Wie geht es jetzt weiter? Für die Absenkung des Wahlalters bei Bundestagswahlen muss das Grundgesetz geändert werden. Dies ist nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit möglich, über die die Ampel-Koalition nicht verfügt. Die CDU lehnt das Vorhaben allerdings ab.
Bleibt es also spannend oder ähnelt der Vorstoß der Ampel-Koalition in den Weihnachtsferien eher dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“?